Ausblicke 2026: Nach dem Jahr der Agenten. Die Ära der „Swarms“ beginnt
Ein Ausblick für das nächste Jahr. 2025 hast du erlebt, wie KI einzelne Aufgaben übernimmt. 2026 wirst du sehen, wie KI ganze Abteilungen organisiert.
Wenn wir in Zukunft auf die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz schauen, wird das Jahr 2025 als das „Jahr der Agenten“ in die Geschichte eingehen. Es war der Moment, in dem KI aufhörte, nur ein Chat-Partner zu sein, und anfing, ein Werkzeug zu werden. Du hast beobachtet, wie spezialisierte KI-Agenten E-Mails vorsortieren, Code schreiben oder Datenbanken abfragen.
Doch während viele Unternehmen gerade erst dabei sind, ihre ersten Agenten-Piloten auszurollen, zeichnet sich am Horizont bereits der nächste, weit mächtigere Wandel ab.
Meine Prognose für die kommende Strategieperiode ist eindeutig: 2026 wird das Jahr der KI-Swarms (Multi-Agenten-Systeme).
Wir stehen vor dem Schritt von der individuellen Produktivität zur organisationalen Intelligenz. Für den deutschen Mittelstand und die öffentliche Verwaltung ist dieser Schritt bedeutender als alles, was wir bisher sahen. Warum ich davon so überzeugt bin, möchte ich dir in diesem Ausblick darlegen.
Die logische Evolution: Vom Solisten zum Orchester
Um zu verstehen, warum Swarms (Schwärme) unausweichlich sind, müssen wir uns die Grenzen der aktuellen „Agentic AI“ ansehen, die 2025 dominiert.
Ein KI-Agent ist heute wie ein exzellenter, aber isolierter Sachbearbeiter in einem geschlossenen Raum. Er erledigt seine spezifische Aufgabe (zum Beispiel „Lies diese Rechnung aus“) hervorragend. Aber er sieht nicht das große Ganze. Er spricht nicht mit dem Kollegen vom Einkauf, er stimmt sich nicht mit der Rechtsabteilung ab.
Prozesse in KMU und Verwaltung sind jedoch fast nie isoliert. Sie sind ein Geflecht aus Abhängigkeiten.
Eine Beschaffung ergibt nur dann Sinn, wenn das Budget da ist, der Bedarf besteht und der Lieferant alle gesetzlichen Vorgaben erfüllt. Ein Bauantrag ist nur genehmigungsfähig, wenn Naturschutz, Brandschutz und Baurecht zustimmen.
Hier kommen 2026 die Swarms ins Spiel.
Ein Swarm ist die technische Antwort auf organisatorische Komplexität. Es ist ein System, in dem mehrere spezialisierte Agenten unter der Leitung eines „Orchestrators“ zusammenarbeiten, sich austauschen und sich gegenseitig kontrollieren.
Warum Swarms die Antwort auf deutsche Anforderungen sind
Gerade für unseren Markt, der von hohen Qualitätsstandards, Rechtssicherheit und komplexen Verwaltungsstrukturen geprägt ist, war die bisherige KI oft zu ungenau.
Ich sehe Swarms als den Durchbruch für produktive Anwendungen in DACH, weil sie drei fundamentale Probleme lösen:
- Die Rückkehr des Vier-Augen-Prinzips
In einem Swarm-System gibt es Agenten, die machen, und Agenten, die prüfen.
Ein „Vorgangs-Agent“ erstellt einen Bescheid. Ein separater, kritischer „Prüf-Agent“ gleicht diesen Entwurf mit Gesetzen und internen Richtlinien ab. Erst wenn beide einig sind, geht das Ergebnis an dich. Das schafft eine Verlässlichkeit, die ein einzelnes Modell niemals erreicht. - Spezialisierung statt Generalisierung
Wir verabschieden uns von dem Gedanken, dass ein riesiges Modell alles wissen muss. Ein Swarm für ein Maschinenbau-Unternehmen besteht 2026 aus einem „Material-Experten“, einem „Normen-Experten“ und einem „Kalkulations-Experten“. Jeder greift auf seine eigenen, sauberen Datenquellen zu. Das reduziert Fehler drastisch. - Prozess-Stabilität
Swarms bilden keine Chats ab, sondern Arbeitsabläufe. Sie sind in der Lage, einen Prozess über Tage zu halten, auf Input zu warten und bei Unklarheiten aktiv nachzufragen. Sie fungieren nicht mehr als Software-Tool, sondern als digitale Prozess-Instanz.
Ein Blick in die Praxis 2026
Wie fühlt sich das an? Lass uns zwei Szenarien skizzieren, die ich für sehr realistisch halte.
Szenario A: Die kommunale Vergabestelle
Anstatt dass ein Mitarbeiter mühsam Excel-Tabellen und Angebote vergleicht, aktiviert er den „Vergabe-Swarm“.
- Agent 1 extrahiert die Leistungsdaten aus 20 eingegangenen Angeboten.
- Agent 2 prüft die formale Eignung der Bieter (Registerauszüge, Bonität).
- Agent 3 vergleicht die Preise und markiert Ausreißer.
- Agent 4 (Rechtssicherheit) checkt auf Auffälligkeiten oder Verstöße gegen Vergaberichtlinien.
- Der Orchestrator erstellt einen vergabereifen Vorschlag inklusive Begründungstext.
Du entscheidest am Ende souverän, aber die 20 Stunden Vorarbeit erledigt das System in Minuten.
Szenario B: Der technische Vertrieb im Mittelstand
Ein Kunde fragt eine Sonderanfertigung an.
- Der Engineering-Agent prüft die Machbarkeit anhand alter CAD-Daten.
- Der Kosten-Agent holt Tagespreise für Rohstoffe und prüft die Maschinenbelegung.
- Der Rechts-Agent prüft die AGB des Kunden auf Haftungsrisiken.
- Das System liefert dem Vertriebsingenieur nicht nur einen Preis, sondern eine Risikoeinschätzung und einen optimierten Liefertermin.
Strategische Konsequenz: Was das für dich bedeutet - Wenn meine Prognose zutrifft und Swarms das dominante Thema 2026 werden, dann solltest du deine Vorbereitung heute anpassen.
Denke in Teams, nicht in Prompts
Hör auf, KI als einen Chatbot zu sehen, den man mit Befehlen füttert. Fang an, KI als Organisationsstruktur zu planen.
Welche Rollen brauchst du digital?
Prozess-Hygiene ist Pflicht
Ein Swarm kooperiert nur so gut, wie der Prozess definiert ist. Wer seine Abläufe heute nicht klar geregelt hat, wird sie morgen nicht mit Swarms automatisieren. Prozessmanagement wird zur wichtigsten Vorarbeit für KI.
Warte nicht auf die „Alleskönner-KI“
Viele warten auf das eine Modell, das alles löst. Das ist ein Trugschluss. Die Lösung liegt in der Vernetzung vieler kleiner, spezialisierter Modelle. Die Technologie dafür entsteht jetzt gerade.
Fazit: Die nächste Stufe der Reife
2025 war das Jahr des Aufbruchs, in dem wir lernten, Agenten laufen zu lassen.
2026 wird das Jahr der Professionalisierung, in dem wir lernen, diese Agenten zu führen.
Swarms sind für mich keine Science-Fiction, sondern die notwendige architektonische Antwort auf den Fachkräftemangel, nicht besetzbaren Stellen und die steigende Komplexität in Wirtschaft und Verwaltung. Sie versprechen nicht weniger als die Skalierbarkeit von Wissen und Erfahrung.
Wer sich heute im Mittelstand oder in der Verwaltung strategisch aufstellen will, sollte diesen Trend fest im Blick haben. Die Ära der Einzelkämpfer-KI endet bald. Die Ära der digitalen Teams beginnt.